Thomas Mann: „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ Aus dem 2. Buch, 7. Kapitel Die Franzosen nämlich lieben und ehren die Rede – durchaus mit Recht! Ist sie es doch, welche den Menschen vom Tier unterscheidet, und die Annahme ist gewiß nicht unsinnig, daß ein Mensch sich desto weiter vom Tiere entfernt, je besser er spricht - und zwar französisch. Denn das Französische erachtet diese Nation für die Menschensprache, gleichwie ich mir vorstelle, daß das fröhliche Völkchen der alten Griechen ihr Idiom für die einzig menschliche Ausdrucksweise, alles andere aber für ein barbarisches Gebelfer und Gequäk mögen gehalten haben, - eine Meinung, der die übrige Welt sich unwillkürlich mehr oder weniger anschloß, indem sie jedenfalls das Griechische, wie heute wir das Französische, für das Feinste ansah. ››Bonsoir, Monsieur le commissairel« begrüßte ich den Zöllner, indem ich mit einem gewissen dumpfen Singen auf der dritten Silbe des Wortes ››commissaire« verweilte. »Je suis tout à fait à votre disposition avec tout ce que je possède. Voyez en moi un jeune homme très honnête, profondément dévoué à la loi et qui n'a absolument rien à déclarer. Je vous assure que vous n`avez jamais examiné une pièce de bagage plus innocente.« ››Tiens!« sagte er und betrachtete mich näher. »Vous semblez être un drôle de petit bonhomme. Mais vous parlez assez bien. Etes-vous Français? « »Oui et non«, antwortete ich. »A peu près. A moitié … à demi, vous savez. En tout cas, moi, je suis un admirateur passionné de la France et un adversaire irréconciliable de l`annection de l`Alsace-Lorraine ! « Sein Gesicht nahm einen Ausdruck an, den ich streng bewegt nennen möchte. ››Monsieur«, entschied er feierlich, ››je ne vous gêne plus longtemps. Fermez votre malle et continuez votre voyage à la capitale du monde avec les bons vœux d`un patriote français!« Und während ich noch unter Danksagungen mein bißchen Unterzeug zusammenraffte, machte er schon sein Kreidezeichen auf den noch offenen Deckel meines Handkoffers.